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Was soll werden, wenn .... ? (Gelesen: 3262 mal)
Gisbert
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Beiträge: 164
30.09.07 um 19:27:13
 
Liebe Forumsteilnehmer,

ich glaube wir alle verurteilen die derzeitige Handlungsweise der Militär-Junta und deren generelle Unterdrückung der Bevölkerung auf das Schärfste. So jedenfalls lesen sich fast alle Beiträge der letzten Woche. Laßt mich aber mal eine ketzerische Frage stellen. Mal angenommen, die Proteste hätten den Erfolg, daß die Junta zum Abdanken gezwungen würde: Was soll/wird dann passieren? Wie soll es weitergehen?

Daß das Entstehen eines Machtvakuums ein zweischneidiges Schwert sein kann, zeigt uns gerade der Irak. Die Amis haben dort aus sehr zweifelhaften, vorgetäuschten Gründen einen Krieg angezettelt und das sicherlich verbrecherische Regime von Saddam Hussein beseitigt. Was ist daraus geworden? Was würde passieren, wenn sie jetzt abziehen würden? Das Land würde wahrscheinlich endgültig im Chaos versinken.
Was würde in Burma passieren? Ich weiß es selbst nicht, habe aber nochmal einen Forumsbeitrag von "vorort" aus dem letzten Jahr nachgelesen, den ich auszugsweise hier zitiere:

vorort schrieb am 30.07.06 um 13:01:22:
Fuer mich hier ist das groesste moegliche schreckensbild, dass das militaer nach argentinischem vorbild die brocken hinschmeisst und sich in die kasernen zurueckzieht. Ich bin davon ueberzeugt, dass dies zu einem unglaublichen blutvergiessen fuehren wuerde, von dem wir uns in europa keine vorstellung machen koennen.

Ich habe noch nie in meinem leben derart viel abneigung, misstrauen und auch hass gegenueber anderen teilen des gleichen volkes erlebt wie hier. Und ich habe im ehemaligen jugoslawien nach den dortigen kriegen gelebt.

Keiner der uebrigen volksstaemme haelt was von den Birmanen, aber shan moegen kachin nicht, die mon sind sowieso das letzte. Die Chin sind doch wilde, und die staemme in rakhine sind doch alles muslime, denen kann man soswieso nicht trauen.

Ja, wo soll denn das hinfuehren?

gruss
vorort


Eine bedrückende Situation, die "vorort" da beschreibt. Was meint Ihr dazu?

Gruß, Gisbert
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Beiträge: 64
Antwort #1 - 30.09.07 um 23:18:39
 
Hallo Gisbert,
Deine Frage und Bedenken sind absolut korrekt, die Darstellung der gegenseitigen  Ressentiments von Vorort  ebenfalls. Es wäre schön, wenn man von anderen Teilnehmern auch noch Meinungen hört.

Russland (neben China) hat eine UN-Resolution gegen Burma blockiert, "innere Angelegenheit" und ein Sprecher nannte ausdrücklich die Gefahr von Bürgerkriegen.
Mit anderen Worten: wenn die Junta fällt bedeutet das nicht, daß die Situation besser wird.

Genau DAS ist aber auch eine innere Angelegenheit. Das sollen die doch unter sich ausmachen, das sind keine Unmündige und die Weltgemeinschaft kann bei diesem sicherlich schwierigen Prozess helfen.

In Burma gibt es eine sehr kleine Clique die mittels Waffenmacht quasi die gesamte Bevölkerung unterdrückt, das widerspricht UN-Recht fundamental, wenn die UN nichts unternimmt, ist sie endgültig eine tote Institution.

Beispiel ad absurdum: Wenn Diktator A mit alleiniger Verfügungsgewalt über eine Atombombe sein nach ihm benanntes Land A mit 100 Millionen Einwohnern erpresst "macht oder ich drücke"- ist dann ein Widerstand der Bevölkerung auch eine innere Angelegenheit. Die Gefahr besteht auch hier, daß sich die 100 Millionen nach dem Widerstand die Köpfe einschlagen.

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bernjul
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Beiträge: 19
Antwort #2 - 01.10.07 um 02:13:45
 
Es gäbe sicherlich keinen Frieden in Burma wenn die Junta von heute auf morgen nicht mehr da wäre. Es würde ein Machtvakuum geben und das wäre ein großes Problem. Ein Bürgerkrieg wäre wahrscheinlich. Ich denke auch, dass solche Verbrecherbanden immer dann an die Macht kommen, wenn ein Staat in so einer desolaten Situation ist. Also das eine bedingt das andere. Aber das heißt für mich nicht, dass man alles so lassen sollte wie es ist. Die Junta muss weg, egal wie chaotisch es dann wird, denn sonst ist keine Veränderung möglich. Die Junta besteht einfach aus Verbrechern, die das Land ausplündern und kein Interesse haben ihre Privilegien aufzugeben. Mit denen ist keine Veränderung möglich. Wenn sie es wollten hätten sie jetzt die Möglichkeit gehabt Gespräche zu führen und es ganz konkret anzupacken.
Ich finde aber Burma mit dem Irak zu vergleichen ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen, weil die Situation schon anders ist. Im Irak gab es keine Demokratiebewegung dieser Art (jedenfalls nicht das ich wüsste) die auch noch von einer vom Volk verehrten Person geführt wird. Auch wenn Aung San Suu Kyi unter Hausarrest steht und nichts machen kann, so ist ihre Person ein Symbol, wie z.B. Nelson Mandela. Und das gab es im Irak meines Wissens nicht.
Was es im Irak auch nicht gibt sind Buddhisten. Und die sind m.E. friedlicher und auch fähiger zu vergeben. Das ist natürlich nur meine ganz individuelle Meinung und vielleicht auch Vorurteil. Ich habe mehr Vertrauen in die Asiaten, was Frieden angeht. Die Vietnamesen treiben wieder fleißig Handel mit den USA und viele Amis machen da Urlaub. Ob das im Irak auch so sein wird?
Jedenfalls glaube ich nicht, dass es ein militärisches Eingreifen seitens der USA oder der EU geben wird. Auch das wird hier anders sein, weil ich nicht glaube das China und auch Indien so was zulassen würde. Gott sei Dank. Saddam ist weg und es sterben mehr als vorher:
http://de.wikipedia.org/wiki/Irak_Krieg#Get.C3.B6tete_Zivilisten
Auch das ist hier zum Glück anders.

Die Frage ist aber wie die Junta verschwindet. I.A. sieht es nicht danach aus als wenn sich da auch nur einen Deut was ändert. Aber ich glaube das die sich nicht ewig halten können. Ich denke mal das das noch dauern wird, aber ich hoffe das die Chinesen es sich irgendwann nicht mehr leisten können die Junta zu unterstützen.
Ein Machtkampf innerhalb der Junta könnte auch etwas bewirken.

Ich glaube aber auch das Burma nach der Kolonialzeit, dem zweiten Weltkrieg und der jahrzehntelangen Militärdiktatur seeehr lange brauchen wird bevor es zur Normalität zurückzukehren kann und ein freier Staat wird. Im Grunde genommen herrscht sein mindestens 150 Jahren Elend und das arbeitet man nicht in ein paar Jahren auf. Das dauert lange und wird viele Opfer fordern.
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Kirsten(Guest)
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Antwort #3 - 01.10.07 um 10:20:21
 
Ich glaube die einzige Möglichkeit die Junta in Birma zu entmachen ist ein Putsch innerhalb des Millitärs. Anscheinend hat sich der Oberbefehlshaber ja auch schon mit seiner Familie abgesetzt, habe gelesen, das er sich anscheinend ausser Landes aufhalten soll. Vielleicht gibt es ja einen mutigen und menschlichen General, der seine Einheiten zu einer Gegenrevolution nutzt.

Gruß Kirsten
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Jana(Guest)
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Antwort #4 - 21.10.07 um 19:30:58
 
In Bezug auf aktuelle (gewünschte/notwendige) Veränderungen finde ich hier reichlich Themen.

Wenn es aber tatsächlich so weit kommt, finde ich nur diesen Thread, der sich damit beschäftigt. Und auch nur mit relativ wenigen Einträgen.

Die Welt möchte also sofort und möglichst schnell eine Macht-Veränderung in dem Land Myanmar/Burma und vor allem Dingen möchten es die Menschen in diesem Land. Wenn diese Veränderung stattfindet, sollten allerdings neue Konzepte vorhanden sein.

Genauso wie in diesem verlassenen Themen-Beitrag sehe ich die Situation in Burma. Was passiert wirklich nach einem Macht-Wechsel. Welche Oposition hat passende Konzepte in der Schublade um das zu "managen" und zu regeln. Welche Möglichkeiten können andere Länder bieten. Wie kann ein so rückständiges Land überhaupt von westlichen Ländern unterstützt werden, ohne das die Einheimischen erneut in ein Trauma gestürzt werden.

Egal wo ich lese, alle wollen eine Veränderung zum Wohle der Bevölkerung, alle versuchen mit allen Mitteln auf die Lage aufmerksam machen.

Aber so gut wie keiner hat eine Lösung, wenn es tatsächlich passiert.

Ich finde hier ist noch ein entscheidenes Defizit. Ein Land das mehr oder weniger glücklich im Mittelalter des 19. Jahrhundert lebt, kann nicht von unserer modernen Politik des 20. Jahrhundert aufgefangen werden. Hier wird ein völlig neues und unbekanntes Konzept benötigt.

Genauso wird es notwendig sein, dieses "völlig neue und unbekannte Konzept" zum Machtwechsel erst zu erfinden. Denn auch die Regierung lebt in diesem Mittelalter... Moderne Thesen haben hier keine Wirkung und wenn dann meist mit schlechten Folgen.

Jana
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Antwort #5 - 21.10.07 um 20:47:49
 
Die Notwendigkeit einer dringenden Änderung ergibt sich nicht primär aus einem abstrakten Systemwechsel oder Demokratiebedürfnis:

Es geht den meisten Menschen im Lande extrem schlecht und das nicht, weil eine Anzahl von Oppositionellen ermordet wurden. Die Preise für commodities nähern sich mit den letzten Preissteigerungen nur dem Weltmarktniveau an, das Monatseinkommen liegt bei durchschnittlich etwa 22 $ im Monat, das bedeutet unmittelbar Elend, noch wesentlich extremer als bisher. Wenn es keine Hilfe gibt, wird es unweigerlich zu Hungersnöten kommen.

Eine schlimmere Alternative als diese Zukunft gibt es doch gar nicht. Und auch wenn ein Vakuum an Oppositionsfiguren oder auch -kompetenz bestehen mag, es gibt viele Gründe für Optimismus nach einem Wechstel.
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Gisbert
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Beiträge: 164
Antwort #6 - 22.10.07 um 10:37:40
 
So schwierig die Situation für die Bevölkerung auch ist, schlimmer wäre ein Bürgerkrieg. Denn dann regen wir uns nicht mehr über offiziell 10 (inoffiziell ein paar Hundert) Tote auf, sondern über Tausende. Meiner Meinung nach würde nur eine Regierung der nationalen Einheit, bestehend aus Vertretern aller relevanten Gruppen, Aussicht auf Erfolg haben. Solche Regierungen sind aber häufig ziemlich gelähmt wegen der stark unterschiedlichen Interessen der einzelnen Mitglieder.

Auch bei der "Lady" habe ich so meine Bedenken. Vielleicht tue ich ihr ja unrecht damit, aber sie ist hauptsächlich deshalb so beliebt, weil ihr Vater ein hochgeehrter Regimegegner war. Sie selbst hatte bisher, und dafür kann sie nun wirklich nichts, keine Möglichkeit, ihre eigenen Qualitäten als politische Führerin unter Beweis zu stellen.
Ich denke da an das Beispiel von Corazon Aquino auf den Philippinen. Diese wurde, nachdem das Volk den Diktator Marcos verjagt hatte, zur Präsidentin gewählt, weil sie die Frau des ermordeten Freiheitskämpfers Nino Aquino war. Sie hat sich viel Mühe gegeben, ist aber aufgrund mangelnder Erfahrung und wohl auch Unvermögens auf der ganzen Linie gescheitert.

Gruß, Gisbert
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Antwort #7 - 22.10.07 um 11:42:13
 
Hallo Gisbert,
diese Argumentation wird von den meisten Analysten vertreten, allerdings ist diese Position auch etwa zynisch- es besteht eine starke Korrelation von Armut und Bürgerkrieg, man muss doch auch mal eine Chance für einen Neubeginn geben.

Und mit der Gefahr des Bürgerkrieges- die Analysten haben wahrscheinlich das Chaos nach der Staatsgründung im Hinterkopf, als unterschiedliche Gruppen aktiv kämpften.

Bei diesem Argument wird aber wohl aus Unwissenheit übersehen, daß diese Gruppen die Kämpfer auch aus wirtschaftlicher Not heraus rekrutierten. Und die finanzielle und logistische Unterstützung und Waffen kamen aus dem Ausland- die CPB wurde von Chinesen gestützt, die Karenbewegung teilweise von Briten, die Kuomintang von Taiwan und wohl auch von den USA und es gab noch mehr ausländische Lobbies im Hintergrund, die das damalige Burma als Spielfeld ihrer jeweiligen geopolitischen Interessen ausnutzten und verschiedene Player protegierten.

Abgesehen davon ist auch ein "Anarchie"-Argument zynisch: nach der Definition ist "Anarchie" ein Fehlen von Autorität- das gibt es aber jetzt bereits- es gibt "special regions" in den Grenzgebieten, die faktisch autonom sind, es gibt dort keine zentrale Staatsgewalt Myanmars mehr.
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