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theravada buddhismus (Gelesen: 7518 mal)
teufelontour
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Beiträge: 16
27.07.06 um 12:25:30
 
Hallo zusammen,

da ich im Septmebr nach Myanmar möchte, möchte ich mich auch mit der dortigen Religion, dem Theravada Buddhismus, etwas näher befassen. Aus diesem Grunde bin ich auf der Suche nach einem geeigneten Buch über diesen Buddhismus. Natürlich steht im www einiges darüber, mich interessiert aber die Meinung von euch Burmaexperten. Habt ihr schon ein Buch darüber gelesen? Wenn ja, welches könnt ihr mir empfehlen?

Vielen Dank für die Antworten Smiley

Oliver aus dem heißen Köln
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HaPeRieger
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Beiträge: 265
Antwort #1 - 27.07.06 um 13:11:42
 
Hallo Oliver,

teufelontour schrieb am 27.07.06 um 12:25:30:
Habt ihr schon ein Buch darüber gelesen? Wenn ja, welches könnt ihr mir empfehlen?

Das ist ganz zweifellos eine sehr gute Idee. Wenn Du auch ein kleinwenig hinter die goldenen Fassaden sehen kannst, bekommen die vielen Pagoden und Statuen eine echte Bedeutung und kannst das Gesehene einordnen.

Buddhismus-Bücher habe ich schon viele Dutzende gelesen, würde aber nur ungern einfach eine Liste aus meinem Bücherregal hier abtippen. Worüber genau möchtest Du Dich informieren? Basics über die buddhistische Lehre, oder eher die Architektur oder Symbolik? Es macht - denke ich - schon Sinn den Unterschied zum Mahayana zu berücksichtigen. Im Zeitalter des Dalai Lama gibt es zu diesem nördlichen Buddhismus viel mehr Literatur in den Buchläden. Sehr zu empfehlen sind die Bücher von Ayya Khema, einer Berlinerin, die lange Zeit in Sri Lanka gelebt hat und zu den prominentesten Vetreterinnen des Theravada Buddhismus gehört.

Grenz´ doch bitte mal Deinen Literaturwunsch noch etwas weiter ein. Smiley

Gruß
HaPe
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teufelontour
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Beiträge: 16
Antwort #2 - 27.07.06 um 14:00:52
 
Hallo HaPe,

danke für deine Antwort.
Grundsätzlich bin ich ein großer Laie, was den Buddhismus und seine verschiedenen Richtungen angeht-leider. Aber genau das soll sich ja ändern.

Grundsätzlich geht es mir um die Lehren des Theravada Buddhismus und wie die Menschen in Burma diese Leben. Bzw. ich hoffe dies natuerlich selbst rauszufinden und dazu möchte ic die theoretischen lehren kennen.

Nach deiner Antwort interessiert mich auch die Arhitektur und Symbolik des Buddismus. Ich wäre im Vorfeld nicht darauf gekommen, das es da auch große Unterschiede gibt. Scheint aber so zu sein. Ich weiß, so richtig eingrenzen kann ich es gar nicht, da meine Interessen weitläufig sind. Auf jeden Fall alles, was mit Burma zusammenhängt.
Mag sein, dass ich dann natuerlich die anderen Wege des Buddhismus vernachlässige (die wahrscheinlich auch sehr wichtig sein werden), aber ich denke ich sollte mich zuerst auf Burma beschänken.

Ich freue miich weiter Tipps von dir zu bekommen...

bis dann Oliver
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HaPeRieger
Member***
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Beiträge: 265
Antwort #3 - 27.07.06 um 16:11:31
 
Hallo Oliver,

ah ja, verstehe. Dann sind mindestens zwei Bücher fällig. Eines, das die elementare Lehre beschreibt (vier edle Wahrheiten, achtgliedriger Pfad, etc.) um überhaupt mal einen Einstieg in die Thematik zu bekommen. Das gilt dann überall in der buddhistischen Welt und führt in die Denkweise ein. Und das zweites Buch soll die Tradition und Kultur in einem typischen Theravada-Land beschreiben. Die Architektur und Symbolik ist da gar kein schlechter Ansatz.
In diesem Fall würde ich eher abraten für den Anfang buddhistische Bücher aus der Region um Nepal, Tibet, Bhutan zu lesen, weil es in dieser Tradition für uns Europäer oftmals schwer ersichtlich ist, was ursprüngliche Lehr ist und was gewachsene Folklore. Der Theravada ist da ohnehin schnörkelloser und besser geeignet für den Einstieg in die Thematik. Bücher, die von westlichen Autoren geschrieben sind, sind IMO nicht zwangsweise mangelhaft. Die authentisch übersetzte Sprache "echter" Lehrer aus Südostasien ist oftmals für westliche Köpfe schwer zu verstehen und manchmal sogar etwas ermüdent Smiley.

Wenn Du mir bis heute Abend Zeit gibst ... momentan bin ich nämlich noch unterwegs und mein Bücherschrank ist weit weg Smiley

Noch ein Tipp: Nachdem Du ja grundsätzlich bereit bist Dich mit dem Buddhismus auseinandersetzen, wäre es eine Überlegung wert, ob Du Dich nicht im Vorfeld der Reise vielleicht mal mit dem Thema "Meditation" auseinandersetzen willst. Der Buddhismus hat zwar eine breite theoretische bzw. philosophische Basis, noch mehr ist er aber eine Praxis-Religion für lebendige Menschen - auch und gerade für Europäer im 21. Jahrhundert. Die Fakten kannst Du aus Bücher lernen, den Geist der buddhistischen Weisheit atmen kannst Du aber nur durch die eigene Praxis (es muss ja keiner zusehen Smiley). Die Sule-Pagode in Yangon zu umwandern und die Burmesen bei ihren Ritualen zuzusehen und zu fotografieren ist die eine Methode durch das Land zu reisen. Das ist okay und Du wirst viel Freude haben. Sich mit den Menschen des Landes vor eine Buddha-Statue zu setzen und in gemeinsamer Meditation einen intuitiven Zugang zu dieser wunderbaren Philosophie zu gewinnen, das ist eine unvergessliche, unvergleichliche Erfahrung, die beständiger sein wird als alle Fotos es je sein können.

Viele Grüße
HaPe
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Alexsus(Guest)
Gast
Antwort #4 - 28.07.06 um 21:06:18
 
Hallo.
Ich war dieses Jahr in Burma zum meditieren.  Smiley
Ein Monat.
Mir hat es so gut gefallen, dass ich nächstes Jahr noch einmal dort hinfahren werde.
In Yangon habe ich mit einer Nonne die ich kenne fast alle Pagonden angesehen.Das war schon ein anstrengender Tag.

Um 5h frühstücken.
Um 6h los nach Yangon.
Dann viel angesehen.
Und um 19h wieder daheim gewesen.
Das war mein einziger Tag wo ich was gesehen habe von Burma. Weil die andere Zeit war ich im Kloster und habe meditiert. Ich bin ja zum meditieren hingefahren und nicht um das Land anzusehen.
Ich kann nur so viel sagen die Menschen kennen "Geiz ist geil" nicht. In Burma ist es genau anders herum. Gib was dann hast du mehr.

Wenn es noch fragen gibt, na dann mal los.

Schöne Zeit
Mit Metta

ALEX
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HaPeRieger
Member***
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Beiträge: 265
Antwort #5 - 28.07.06 um 23:14:20
 
Hallo Oliver,

sorry für die Verspätung  Traurig. Es stehen 37 Bücher zum Thema Buddhismus in meinem Bücherregal. Aber was soll ich Dir nun empfehlen … hm … gar nicht so einfach.

Also was ich sehr empfehlen kann für den Einstieg ist "Das Herz von Buddhas Lehre" (ISBN 3-451-26739-X) von Thich Nhat Hanh, einem Zenmeister aus Vietnam. Der Autor ist im Umgang mit westlichen Menschen geübt, so dass sich seine Bücher sehr schön lesen lassen.

Sehr angenehm zu lesen ist auch "Lebendiger Buddhismus heute" (ISBN 3-502-61088-6) von Doris Wolter (Hrgb.) mit vielen Reden westlicher und östlicher Meister. Interessant ist dabei tatsächlich die Vielfalt der Betrachtungsweisen ein und desselben Themas. Gerade die westlichen Autoren haben in diesem Buch sehr viel zu sagen.

Das Taschenbuch "Buddhistische Symbole" (ISBN 3-930944-64-2) von Tatjana und Mirabai Blau beschreibt ... na ja eben die buddhistischen Symbole, Handgesten (Mudras) und vieles mehr - allerdings leicht Mahayana-lastig.

Wenn es etwas "abgehobener" sein darf, sind auch die Bücher von Michael v Brück sehr zu empfehlen. Den Autor - ein faszinierender Mensch – habe ich selbst schon kennen lernen dürfen. Er ist Professor an der Uni in München, lehrt Religionswissenschaft an der Evangelisch-Theologischen Fakultät und ist gleichzeitig Zenmeister.

Und dann vielleicht noch "Komm und sieh selbst" (ISBN 3-931274-07-1) von Ayya Khema, die ich oben schon mal erwähnt habe. Sie findet immer wunderbare Worte zu einem wunderbaren Thema. Prädikat: Sehr empfehlenswert.

Bücher zum konkreten Thema Theravada-Buddhismus in Myanamar habe ich nicht und habe ehrlich gestanden auch noch nicht danach gesucht. Ganz interessant ist da vielleicht auch der eine oder andere Nicht-Standard-Reiseführer (den, den ich meine, finde ich gerade nicht. Er ist relativ großformatig für einen Reiseführer, bräunlicher Umschlag mit einem Motiv aus Bagan). Oder auch Reiseberichte wie etwa "Myanmar / Burma – Reise im Land der Pagoden“ (ISBN 3-89662-196-3) von Klaus R. Schröder.

Aber wie gesagt: Bücher sind die eine Sache … das was man daraus macht, die andere  Zwinkernd

Viele Grüße
HaPe
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vorort
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Beiträge: 392
Antwort #6 - 29.07.06 um 05:27:20
 
hallo miteinander,

eure beitraege sind sehr interessant, aber von denjenigen, die dieses land kennen, haette ich eigentlich erwartet, dass sie erkannt haben, dass der buddhismus, so wie er sich jetzt hier darstellt, nichts mit der lehre buddhas gemein hat ausser dem namen und der huelle.

Man muss ich darueber im klaren sein, dass der buddhismus hier komplett von der regierung kontrolliert wird, auch wenn es fast tagtaeglich in den hiesigen zeitungen bilder gibt, wie regierungsmitglieder sich ehrfuerchtig vor den moenchen, und speziell den aebten, verbeugen und ihnen gaben ueberreichen. Aber niemand wird abt, der eine kontroverse meinung hat in bezug auf den jetztigen staat. Aber das ist uns ja aus der europaeischyen geschichte bekannt, oder?

Die vermischung von Buddhas lehre mit dem allgegenwaertigen alten animismus ist auch sehr auffaellig. Nats sind ueberall!

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man hier die lehre Buddhas in seiner urspruenglichen form vermittelt bekommen kann. moeglicherweise von einem sehr alten moench, sollte man an ihn herankommen und er die erlaubnis erhalten sich intensiv mit auslaendern zu beschaeftigen.

gruss
vorort
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HaPeRieger
Member***
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Beiträge: 265
Antwort #7 - 29.07.06 um 09:49:13
 
Hallo vorort,

das kannst Du sicher objektiv besser einschätzen als wir das können. Ich war erst einmal in Myanmar und da auch nicht allzu lange. Trotzdem wage ich mal ganz verwegen Dir ein kleinwenig zu widersprechen. Der Buddhismus an sich ist nicht dergestalt angelegt, von irgendwem kontrolliert zu werden. Weder von irgendwelchen Regierungen ... nichtmal wirklich von sich selbst. Die Regierungen und Staatsformen kommen und gehen durch die Jahrhunderte hindurch - der Buddhismus bleibt.

Kontrolliert werden kann eben nur jene ganannte äußere Hülle, die Würdenträger und die Ämter, auf die der Buddhismus ohnehin noch nie viel Wert gelegt hat, aber nicht die Lehre. Es ist augenfällig, wie unterschiedlich sich Menschen in einem Land verhalten, deren spirituelle Grundlage seit langer Zeit durch die östlichen Weisheiten geprägt wurde. Vielleicht wird sogar andersherum ein Schuh daraus: Nur wer die buddhistische Lehre so verinnerlicht hat ist in der Lage trotz der vorherschenden Verhältnisse noch so zufrieden sein. Man stelle sich nur einmal vor, wie ein durchschnittlicher Mitteleuropäer mit den politischen Verhältnissen in Myanmar zurecht käme, ob es wirklich länger als eine Woche dauern würde bis Bürgerkrieg herrscht.

Der Geist Buddhas ist in Myanmar spürbar. Damit meine ich nicht die Würdenträger, sondern den kleinen Jungen, der zunächst ungestüm mit dem Holzklöppel in der Pagode auf die Glocke eindrischt, dabei aber keine ärgerlichen Blicke von dem Mönch nebenan erntet, sondern ein freundliches Lächeln, einige Worte, die den Jungen sehr erheitern, eine sanfte Lektion, wie man _auch_ noch anders mit der Glocke umgehen kann. Damit meine ich auch die zwei Dutzend halbwüchsicher, halbstarker junger Männer, die sich am Sonntag-Nachmittag im Park des Kandawgi Sees in Yangon getroffen haben, ausgelassen und übermütig feiern und trotzdem für ihr alter völlig untypisch sehr freundlich und rücksichtsvoll mit sich - und (nachdem ich mich zu ihnen gesellt habe) - auch mit mir umgehen. In einer westlichen Größstadt müsste man in der gleichen Situation um sein Leben fürchten.

Formal mag die Institution des Buddhismus in Myanamr durch die Regierung kontrolliert sein. Aber mit der Regierung hat man als einfacher Tourist ohnehin sehr wenig zu tun. Und das ist es nicht, was den Buddhismus ausmacht. Das wäre (und ist) in abendländischen Religionen ein Problem, nicht aber bei den östlichen Religionen. Bei uns im Westen findet die Religion zumeist in den Kirche statt, in Südostasien von Morgens bis abends auf der Strasse. Deshalb wundert mich es schon etwas, dass Du als Insider westliche Maßstäbe an ein östliches Land anlegst. In keinem anderen Land habe ich die budhistische Lehre so in den Kleinigkeites des Alltags der Menschen wiedergefunden wie in Myanmar. In diesem Sinne kann man durchaus auch außerhalb der Pagoden und ohne Indoktrination der Regierung sehr viel lernen.

Gruß
HaPe
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Gerald(Guest)
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Antwort #8 - 29.07.06 um 17:39:36
 
Hallo ans Forum,

es gibt nicht nur eine sondern wahrscheinlich soviele Wahrheiten wie Wesen auf der Erde, aber Alle leben in der gleichen Wirklichkeit.
Harte Tatsachen und die Tendenz zu einem universellen Weltentwurf, der den Anspruch erhebt Allgemeingültigkeit zu besitzen (s. westliches Demokratieverständnis), mögen von der Mehrheit als gerechtes System akzeptiert werden, viele Menschen fühlen sich jedoch eingeschrängt und unangesprochen.
Das kann zu Romantisierungen führen, die dann erlauben sich trotzdem wohl zu fühlen.
Der Spiess wird umgedreht.
Wenn das Dasein und seine Bedingungen nicht zufriedenstellen, wird die Welt im Kopf so zurechtgelegt, dass sie endlich der individuellen Vorstellung entspricht.
So lässt sich das Leben als Unverstandener und Ausgeschlossener leichter ertragen, und es würde mich nicht schockieren von einer neutralen Instanz, so fern sie exisieren möge, zu erfahren, dass das alle Menschen tun.

Was den Buddhismus in Burma betrifft, war ich überrascht, aber nicht verwundert, als ich ein Interview mit einem nach Europa ausgewanderten burnamesischen Mönch gelesen habe (s. Friedenslauf, Rubrik: Politik).
Seine Aussagen decken sich mit denen vororts.
Es zeichnet sich ein widersprüchliches Bild davon ab, wie der Buddhismus in Burma praktiziert wird, wie er auf Reisende wirkt, was mit ihm geschieht und wie er sich instrumentalisieren lässt.

Dies verdeutlich eindrucksvoll wie sehr wir bereit sind viel Energie darauf zu verwenden bestehende Tatsachen der eigenen Utopie anzupassen.

Viele Grüße
Gerald



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vorort
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Beiträge: 392
Antwort #9 - 30.07.06 um 12:44:53
 
Hallo HaPe,

viele interessante gedanken in deinem beitrag, nur mit dem ende komme ich nicht ganz klar: Ich bin nun mal europaeer und deutscher und damit in den eurpaeischen standards verwurzelt, auch in der denkweise. Und von dieser plattform aus beobachte ich und beurteile ich auch. Meiner ansicht nach geht das auch nicht anders, denn sonst wuerde ich ja einen teil von mir glatt verleugnen.

Aber, wenn ich beurteile versuche ich zumindest zuerst einmal den anderen zu verstehen, warum er so agiert, wie er agiert. Ich moechte ihm ja auf keinen fall unrecht tun.

Im ersten jahr haben wir auf die menschen genauso reagiert, wie es hier im forum immer wieder beschrieben wird. Wir waren begeistert, wie Burmesen auf auslaender reagieren, wie sie diese behandeln und wie hilfsbereit sie sind. Nach mehr als 6 jahren hat sich da bei uns allerdings vieles geaendert und wir koennen keinerlei vorzuege oder sonstwas gegenueber der christlichen europaeischen kultur sehen, wenn man sich eingesteht, dass diese eurpaeische kulturim verlaufe der jahrhunderte auch viele viele unfassbare fehler in sich birgt - allerdings beurteilt von der plattform des 21. jahrhunderts und nicht der jeweiligen zeit.

Worauf basieren meine aussagen? Praktisch auf dem taeglichen umgang mit den menschen hier, vor allem jungen menschen. Und da sind mir doch einige fragen gekommen, auf die ich bislang keine zufriedenstellenden antworten bekommen habe.

Beispiel: was ich als gestoertes verhaeltnis zur wahrheit bezeichne. Ich ertappe leute dabei, dass sie gerade einen fehler gemacht haben (menschen machen fehler ist meine grundueberzeugung. Fehler nicht einsehen zu wollen und nicht daraus lernen zu wollen oder zu koennen, ist eine erhebliche macke). Ich finde den nachtwaechter im tiefschlaf vor, wcke ihn und halte ihm vor, dass er geschlafen hat. Grundsaetzlich ist dann die antwort: No Sir. Das ist mir bislang hier dutzendemale passiert.

Wenn ich nachfrage, warum sie das gerade so und nicht entsprechend der bekannten anweisung gemacht haben, dann bekomme ich alles moegliche zu hoeren, aber absolut nichts was darauf hindeuten koennte, dass die betreffende person einsieht einen fehler gemacht zu haben. Das letzte statement ist dann immer: Sorry Sir.

Unsere leute verdienen wirklich gut. (Massstab: lebenshaltungskosten inklusive guter unterkunft und genug geld um den kindern eine gute ausbildung - gibts aber hier nicht - zu ermoeglichen plus genug uebrig um sparen zu koennen. minimum 360 dollar pro  monat und nach oben ziemlich offen) Und fast taeglich erlebe ich, das unsere leute kein geld uebrig haben, weil andere familienmitglieder auf der faulen haut liegen und nur abkassieren. Wenn ich nachfrage, warum das so ist, bekomme ich stets zur antwort: This is our culture. Da komme ich dann doch ins gruebeln ueber diese kultur.

Anderes beispiel: Ich bekomme pro jahr ca 600 gesundheitszertificate auf meinen schreibtisch. Zugegebenermassen dauerte es etwas, bis mir auffiel, dass nahezu alle untersuchten personen den gleichen blutdruck haben. Selbst als nichtmediziner weiss jeder, das dies nicht moeglich ist. Auf diese "besonderheit" aufmerksam gemacht, fragten mich die ausstellenden mediziner, welche autoritaet ich haette ihre untersuchungsergebnisse anzuzweifeln. Was fuer eine kultur ist das?

Wer etwas laenger in yangon lebt, der weiss, dass es eine anzahl autos gibt, die mit gelben nummernschildern rumfahren. Auf nachfrage wurde mir erklaert, dass das gelbe nummernschild aussagt, dass dieses auto einem moench gehoert, aber einem permanenten, nicht den zeitweiligen. Erstaunlicherweise sind dies alles top autos inklusive neuer mercedes sportwagen. Ist das Buddhas lehre?

Mit all diesen anmerkungen stelle ich mit keinem wort in abrede, dass buddhistische moenche auch heute noch auf dem land hervorragende arbeit leisten in puncto erziehung. Ich zweifle auch nicht daran, dass Buddhas lehre viele viele ausgezeichnete aspekte hat, die es wert waeren, groessere beachtung zu finden.

Und noch eine anmerkung: In meinen diskussionen hier mit der bevoelkerung bin ich auf ein phaenomen gestossen, mit dem ich zuerst nichts anfangen konnte: Ich versuchte den menschen zu erklaeren, dass es ein grundprinzip unserer europaeischen wertevorstellung ist, dass alle menschen vor dem gesetz gleich sind, egal welche position sie im taeglichen leben einnehmen. Wieder und wieder wurde mir erklaert, das koennte nicht sein, denn wer mehr verantwortung traegt, hat auch mehr rechte. Wie kann man gegen diese vorstellung argumentieren?

gruss
vorort



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Stefan(Guest)
Gast
Antwort #10 - 30.07.06 um 17:52:28
 
Hallo vorort, ich kann deinen Argumentation gut nachvollziehen. Natürlich gibt es in jeder Kultur Dinge, welche man als Nichmitglied dieser nicht verstehen kann. Genauso gibt es in der Deutschen Kultur sicher Normen, über die wir vielleicht gar nicht mehr nachdenken, die aber für andere Kulturen völlig unakzeptabel wären ( vielleicht auch zurecht).
Aber darum geht es doch eingentlich gar nicht. Fakt ist, dass die Menschen eine unbeschreibliche Freundlichkeit an den Tag legen, die ich und viele andere vorher noch nie in dem Maße erlebt haben. Das kann man einfach nicht verneinen. Und diese Mentalität ist aus meiner Sicht im wesentlichen vom Buddhismus geformt worden, da bin ich zu tiefst überzeugt.
Gruß Stefan
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big4
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Beiträge: 360
Antwort #11 - 31.07.06 um 10:08:46
 
Hallo,
ich finde, es sind alles sehr bemerkenswerte, lesenswerte beiträge, die ich im  wesentlichen aber gar nicht widersprüchlich finde.
Ich glaube schon und ich sehe ja auch, dass der buddhismus in den menschen emotionen bewegt und handlungen hervorruft, die sich für unseren kulturkreis aber auch nur deswegen auffälliger darstellen, weil sie auf uns „exotischer“ wirken, die aber im alltag dort allgegenwärtig sind.
das abendländische christentum hat ebenso viele elemente, die gleichbedeutend den buddhististischen regeln sind, nur sind sie in unserem kulturkreis nicht so in der offensichtlichen präsenz. und ein wesentlicher unterschied, der wesentlichste vielleicht überhaupt, ist der, dass im christentum der staat durch das concordat die kirche  stützt ( die diener und mitglieder der kirche finanzieren sich also hier nicht im wesentlichen aus allmosen, spenden, zuwendungen, speisungen ) und der rang in der kirche ist bildungsorientiert. im buddhismus sind die mitglieder auf zuwendungen angewiesen und die zuwendung ist mittel zur verbesserung des karma. der rang ist in zweiter linie abhängig von bildung, eher von der stellung, die man sich durch jahrelanges dienen (im kloster) erworben hat.
opfergaben im christentum haben mehr symbolischen charakter, verbessern aber nach lehre christi ebenfalls das karma (die opferbereitschaft im diesseits wirkt sich positiv auf das jenseits aus).
trotzdem meine ich, und ich komme nicht hinter das geheimnis, dass der buddhismus eine kraft ist, die dort größere bevölkerungsgruppen anrührt, als das christentum es hier kann.
anders ausgedrückt: DER FRIEDE DES HERRN hier bewirkt nicht die friedfertigkeit bei unserer gesellschaft, wie sie  in der gesellschaft myanmars (oder anderen vom buddhismus geprägten ländern) von uns empfunden wird.  ist es die mischung aus armut, religiösität und scheinbarer zufriedenheit in den gesichtern der menschen, die auf den betrachter wirken? unterliegen wir einer sinnestäuschung als urlauber?
gruß


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big4
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Antwort #12 - 31.07.06 um 11:40:07
 
...zur opferbereitschaft fällt mir noch ein, dass das opfer im christentum um so "wohlgefälliger" ist, je anonymer oder selbstloser es geschieht...
im buddhismus scheint die inszenierung der spende und die weithin sichtbare zur schaustellung des spenders geradzu dazu zu dienen, sein ansehen, wohl auch vor buddha, zu mehren....
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HaPeRieger
Member***
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Beiträge: 265
Antwort #13 - 31.07.06 um 14:21:47
 
Hallo,

...  wobei man immer sehr sorgsam darauf achten sollte, was Ursache und was Wirkung ist. Was die ursprüngliche Lehre und was die Folklore einer Region. Wer die Tiefe der christlichen Mystik erfassen will anhand (a) dem Dschingderassa einer Fronleichnams-Prozession in Oberbayern und (b) dem Umgang der obersten katholischen Behörde in Rom mit seinen Kirchenkritiker, wird wahrscheinlich auf keinen grünen Zweig kommen.

Jeder mir bekannte Vergleich zwischen christlicher Religion und buddhistischer Philisophie, ging IMO in Leere, weil beides einfach nicht vergleichbar ist. Nicht nur, weil beide Schulen sich um unterschiedliche Themen mit unterschiedlichen Ansätzen kümmern, sondern auch deshalb, weil im Christentum eine für alle Gläubigen prädefinierte Wahrheit - buchstäblich gottgegeben ist, während diese sich jeder Buddhist erst selbst erarbeiten muss. Wenn also bemängelt wird, dass in Yangon Oberklasse-Autos aus Stuttgart auf Mönche zugelassen sind, dann fällt mir kein Wort Buddhas ein, nachdem er festgelegt hat, dass ein Buddhist maximal einen 3er BMW fahren darf. Der Mönchsstand sollte zwar nach unserer Auffassung andere Prioritäten haben, Wohlstand grundsätzlich ist aber kein karma-wirksamer Charaktermangel.
Ob man nun seine Opferbereitschaft offen zur Schau trägt oder nicht - auch das dürfte Buddha relativ egal sein. Relevant ist die Motivation hinter einer Tat und nicht die Tat oder die Umstände zur Tat.

Gruß
HaPe
« Zuletzt geändert: 31.07.06 um 22:14:55 von HaPeRieger »
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big4
Member***
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Antwort #14 - 31.07.06 um 16:01:12
 
... aber da genau fängt doch das mißverständnis oder die frage  an.
Ist es charakteristisch für den buddhismus überhaupt oder nur für den buddhismus nach burmesischer prägung , dass die VIP die mönchsspeisung in amarapura mit großem spektakel vornehmen, zu pagoden-festen die geschmückten wagen mit donations namhaft machen, zu den schon vielfach vorhandenen „liegenden buddhas“ noch einige weitere, noch spektakulärere dazu bauen, die  vorhandenen pagoden in bagan durch patenschaften renovieren und, als ob nicht schon genug da sind, noch einige stiften.
also, wird der buddhismus hier instrumentalisiert, um die gläubigkeit und volksverbundenheit der VIP und machthaber vorzutäuschen ? oder kommt diese opferbereitschaft  bei der junta von innen heraus und ist teil der buddhistischen haltung: wer viel hat, kann/muss auch viel geben… wer viel erhält… gibt das und noch mehr, wenns geht, zurück.

da weiß ich nicht, wie ich das beurteilen soll. aber,  vielleicht sollte ich das gar nicht beurteilen, sondern nur so hinnehmen. hinnehmen auch deshalb, weil mir gar kein urteil zusteht. aber fragen darf ich mich das wohl insgeheim… genauso, wie ich mich fragen darf, ob der buddhismus so friedfertig ist, dass er auch keine bedürfnisse, umstürze, revolutionen, oder auch nur veränderungen einfordert, wo der eine teil des volkes es als buddha gegeben hinnimmt, dass der andere teil des volkes ( regierung  plus unzählige mönche) versorgt und der andere teil des volkes es hinnimmt, dass der eine teil des volkes es als höchtest glück empfindet, dies tun zu dürfen. es ist ein geheimnis…das mir zumindest NOCH verborgen ist.
gruß

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