Hallo HaPe,
viele interessante gedanken in deinem beitrag, nur mit dem ende komme ich nicht ganz klar: Ich bin nun mal europaeer und deutscher und damit in den eurpaeischen standards verwurzelt, auch in der denkweise. Und von dieser plattform aus beobachte ich und beurteile ich auch. Meiner ansicht nach geht das auch nicht anders, denn sonst wuerde ich ja einen teil von mir glatt verleugnen.
Aber, wenn ich beurteile versuche ich zumindest zuerst einmal den anderen zu verstehen, warum er so agiert, wie er agiert. Ich moechte ihm ja auf keinen fall unrecht tun.
Im ersten jahr haben wir auf die menschen genauso reagiert, wie es hier im forum immer wieder beschrieben wird. Wir waren begeistert, wie Burmesen auf auslaender reagieren, wie sie diese behandeln und wie hilfsbereit sie sind. Nach mehr als 6 jahren hat sich da bei uns allerdings vieles geaendert und wir koennen keinerlei vorzuege oder sonstwas gegenueber der christlichen europaeischen kultur sehen, wenn man sich eingesteht, dass diese eurpaeische kulturim verlaufe der jahrhunderte auch viele viele unfassbare fehler in sich birgt - allerdings beurteilt von der plattform des 21. jahrhunderts und nicht der jeweiligen zeit.
Worauf basieren meine aussagen? Praktisch auf dem taeglichen umgang mit den menschen hier, vor allem jungen menschen. Und da sind mir doch einige fragen gekommen, auf die ich bislang keine zufriedenstellenden antworten bekommen habe.
Beispiel: was ich als gestoertes verhaeltnis zur wahrheit bezeichne. Ich ertappe leute dabei, dass sie gerade einen fehler gemacht haben (menschen machen fehler ist meine grundueberzeugung. Fehler nicht einsehen zu wollen und nicht daraus lernen zu wollen oder zu koennen, ist eine erhebliche macke). Ich finde den nachtwaechter im tiefschlaf vor, wcke ihn und halte ihm vor, dass er geschlafen hat. Grundsaetzlich ist dann die antwort: No Sir. Das ist mir bislang hier dutzendemale passiert.
Wenn ich nachfrage, warum sie das gerade so und nicht entsprechend der bekannten anweisung gemacht haben, dann bekomme ich alles moegliche zu hoeren, aber absolut nichts was darauf hindeuten koennte, dass die betreffende person einsieht einen fehler gemacht zu haben. Das letzte statement ist dann immer: Sorry Sir.
Unsere leute verdienen wirklich gut. (Massstab: lebenshaltungskosten inklusive guter unterkunft und genug geld um den kindern eine gute ausbildung - gibts aber hier nicht - zu ermoeglichen plus genug uebrig um sparen zu koennen. minimum 360 dollar pro monat und nach oben ziemlich offen) Und fast taeglich erlebe ich, das unsere leute kein geld uebrig haben, weil andere familienmitglieder auf der faulen haut liegen und nur abkassieren. Wenn ich nachfrage, warum das so ist, bekomme ich stets zur antwort: This is our culture. Da komme ich dann doch ins gruebeln ueber diese kultur.
Anderes beispiel: Ich bekomme pro jahr ca 600 gesundheitszertificate auf meinen schreibtisch. Zugegebenermassen dauerte es etwas, bis mir auffiel, dass nahezu alle untersuchten personen den gleichen blutdruck haben. Selbst als nichtmediziner weiss jeder, das dies nicht moeglich ist. Auf diese "besonderheit" aufmerksam gemacht, fragten mich die ausstellenden mediziner, welche autoritaet ich haette ihre untersuchungsergebnisse anzuzweifeln. Was fuer eine kultur ist das?
Wer etwas laenger in yangon lebt, der weiss, dass es eine anzahl autos gibt, die mit gelben nummernschildern rumfahren. Auf nachfrage wurde mir erklaert, dass das gelbe nummernschild aussagt, dass dieses auto einem moench gehoert, aber einem permanenten, nicht den zeitweiligen. Erstaunlicherweise sind dies alles top autos inklusive neuer mercedes sportwagen. Ist das Buddhas lehre?
Mit all diesen anmerkungen stelle ich mit keinem wort in abrede, dass buddhistische moenche auch heute noch auf dem land hervorragende arbeit leisten in puncto erziehung. Ich zweifle auch nicht daran, dass Buddhas lehre viele viele ausgezeichnete aspekte hat, die es wert waeren, groessere beachtung zu finden.
Und noch eine anmerkung: In meinen diskussionen hier mit der bevoelkerung bin ich auf ein phaenomen gestossen, mit dem ich zuerst nichts anfangen konnte: Ich versuchte den menschen zu erklaeren, dass es ein grundprinzip unserer europaeischen wertevorstellung ist, dass alle menschen vor dem gesetz gleich sind, egal welche position sie im taeglichen leben einnehmen. Wieder und wieder wurde mir erklaert, das koennte nicht sein, denn wer mehr verantwortung traegt, hat auch mehr rechte. Wie kann man gegen diese vorstellung argumentieren?
gruss
vorort