Mingalaba,
ich bin letzte Woche von meiner ersten kurzen Myanmar-Reise nach Bangkok zurückgekehrt und nun wieder in Deutschland. Ich war sechs Tage mit meiner burmesischen Freundin, die in Bangkok lebt, im Großraum Yangon unterwegs.
Zugegebenermaßen habe ich mich nicht auf den ersten Blick in dieses Land verliebt. Die deutlich erkennbare Armut, völlig heruntergewirtschaftete historische Gebäude und öffentliche Infrastruktur sowie der in der Regenzeit besonders auffällige allgegenwärtige Dreck lassen sich einfach nicht wegdiskutieren. Yangon hat überall den "Charme" der früheren DDR, die auch nicht mein bevorzugtes Urlaubsziel war... Das Umland strahlt sicher eher tropische Exotik aus, aber die Armut der Bevölkerung lässt sich auch dort nicht leugnen.
Ich werde im kommenden Januar erneut nach Myanmar reisen, unter anderem an den Geburtsort meiner Freundin, Dawei im Süden des Landes. Ich bin gespannt, ob ich dort andere - bessere - Eindrücke gewinnen werde.
Erfreulich waren für mich dagegen zahlreiche Kontakte mit Einheimischen. Die Burmesen haben offenbar nicht die sprichwörtliche Freundlichkeit der Thais, sondern eine eher europäischen - wenn nicht gar deutschen - Gepflogenheiten ähnelnde Mentalität. Das gilt scheinbar auch für öffentliche Stellen, obwohl diesen ja ein auch durch Medienberichte gestützter schlechter Ruf vorauseilt.
Einige Beispiele.
Myanmarische Botschaft in Bangkok: Bei der Visumbeantragung verhielten sich die Beamten korrekt und ausgesprochen höflich. Ich wurde ungefragt auf die Regelungen zur Bearbeitungsfrist hingewiesen, um ggf. Kosten einsparen zu können.
Immigration am Flughafen: Bei der Passkontrolle freuten sich die Damen über mein "Mingalaba" und brachten mir geduldig das Wort für "Danke" bei (dessen Wiedergabe mir hier schwerfällt, ich habe es mir aber gemerkt).
Bahn: Für die Fahrt mit dem Circular Train wurde ein Dollar verlangt. Da ich keinen hatte, wechelte der Beamte privat Kyat zum korrekten Tageskurs. Wegen der entstehenden Rundungsungenauigkeit zu seinen Gunsten ließ er meine Freundin umsonst mitfahren.
Polizei: Nachdem wir leider Familiendokumente meiner Freundin im Taxi vergessen hatte, meldeten wir den Verlust auf einer Polizeiwache. Die Beamten handelten ein wenig umständlich, aber professionell, und fertigten eine Verlustmeldung zur Vorlage bei der zuständigen Kommunalbehörde. Sie informierten meine Freundin freundlich und ausführlich zum weiteren Vorgehen und nahmen ein "Trinkgeld" von 200 Kyat nur zögernd an.
National Museum: Die Wachleute erlaubten gern, Portraitfotos vor den im Garten aufgestellten Statuen verschiedener Könige und Feldherren zu machen. Meine die Statuen imitierenden Posen waren für sie eine Mordsgaudi.
Besonders schön war, dass wir unsere Papiere nach drei Tagen zurück erhielten. Der Taxifahrer hatte unser Hotel herausgefunden und dort eine Nachricht hinterlassen. Etwas später saßen wir in seiner Privatwohnung in einem Vorortwohnblock bei einer Tasse Tee, und er berichtete stolz von seiner aufwändigen Recherche bei der Suche nach unserem Aufenthalt. MIt 10.000 Kyat (10 EUR) Finderlohn schien er hochzufrieden. Toll!
Nach diesen positiven Erlebnissen fällt es mir leicht, über manche eher fragliche Verhaltensweisen der Burmesen (Verbale Lautstärke, ständiges Ausspeien von rot gefärbtem Speichel nach Betel-Genuss, rücksichtsloser Fahrstil) lächelnd hinwegzusehen!
Gruß, Jan